Fahrräder schenken Zukunft

Naviki-Interview: Kristina Jasiunaite

Sie ist die leidenschaftliche Geschäftsführerin einer internationalen Hilfsorganisation, die in entwicklungsschwachen Ländern Bildung durch den Einsatz büffelstarker Fahrräder ermöglicht: Wir haben mit Kristina Jasiunaite über die NGO World Bicycle Relief (WBR) gesprochen und erfahren, wie ein einzelnes Fahrrad Leben verändern kann.

Naviki: Als "Managing Director Europe" für World Bicycle Relief hast du sicherlich alle Hände voll zu tun – wie kamst du eigentlich zu World Bicycle Relief?

Kristina Jasiunaite: Das stimmt. World Bicycle Relief erlangt mittlerweile auch in Europa mehr und mehr Aufmerksamkeit. Dadurch entstehen immer neue Kontakte zu einzelnen Menschen, Unternehmen oder anderen Organisationen, die uns unterstützen wollen, um mit Fahrrädern Menschen Bildung und Entwicklung zu ermöglichen. Ich kenne den Gründer F.K. Day von World Bicycle Relief schon seit Jahrzehnten. Er hat mich 2013 zu WBR geholt und wir haben das Länderbüro in Deutschland gegründet.

Was macht WBR (für dich) als Hilfsorganisation besonders?

Ha – wo soll ich anfangen? Ich halte es mal kurz und hebe zwei Aspekte hervor. Erstens: Eigenverantwortlichkeit und Unabhängigkeit – Fahrräder machen Menschen in Entwicklungsländern mobil und helfen ihnen so sich selbst zu helfen. Zweitens: World Bicycle Relief tut alles, um die Hilfe so nachhaltig wie möglich zu gestalten. Unser Organisationsmodell ist wesentliche Grundlage dafür: WBR ist rein gemeinnützig und implementiert philanthropische Fahrrad-Programme für Bildung und Gesundheit. Dann gibt es noch die Buffalo Bicycles, das ist ein Social Business, das die Fahrräder vor Ort verkauft. Da es zu 100 %  WBR gehört, gehen die Gewinne der Verkäufe an WBR. So vergrößern sie die Wirkung für Entwicklung und machen unsere Arbeit langfristig unabhängiger.

Du bist nun schon seit einigen Jahren dabei, auf welche Erfolge blickst du mit einem Lächeln zurück?

Als ich begann mich für World Bicycle Relief zu engagieren, haben wir gemeinsam die ersten 100.000 ausgelieferte Fahrräder „gefeiert“. Nun rollen bereits mehr als 440.000. Hinter jedem Fahrrad steckt eine Geschichte von einer ganzen Familie, die Dank Mobilität ihr Leben verändern kann. 

WBR sieht einen starken Zusammenhang zwischen Women Empowerment und Fahrrädern – wie äußert sich das konkret?

Laut UNICEF leisten Mädchen zwischen fünf und 14 Jahren ca. 40 Prozent mehr unbezahlte Hausarbeit als Jungs. Allein das Wasserholen kostet Mädchen und Frauen weltweit rund 200 Millionen Stunden am Tag. Mit einem Fahrrad können sie die Aufgaben im Haushalt einfacher meistern und Zeit und Energie sparen. Diese Zeit können sie dann dafür einsetzen, länger zur Schule zu gehen und ihre Familien und Gemeinden besser zu versorgen. 

WBR ist vor allem für seine Buffalo Bikes bekannt – was können diese Fahrräder?

Unser Buffalo Fahrrad heißt nicht umsonst Buffalo – es ist stark wie ein Büffel! Es ist ein einfaches Fahrrad ohne Gangschaltung, aber sein Gepäckträger ist für 100 kg Lasten ausgelegt. Vor allem soll es leicht zu reparieren sein und möglichst lange halten. So kann es Menschen helfen, im Gegensatz zum Laufen fünfmal so viel Gewicht zu transportieren und zugleich viermal so schnell von A nach B zu kommen.

Hast du Tipps für Menschen, die helfen wollen?

Immer! Es wäre fantastisch, wenn die Leser die Geschichte von World Bicycle Relief weitererzählen und sich auf unserer Website zusätzlich informieren. Wenn jemand aber einen Schritt weitergehen möchte, freuen wir uns sehr über Spenden oder gar eine Spendenaktion im privaten Umfeld oder in der Firma. Dazu haben wir gute Online-Tools und bei Fragen stehen wir mit Rat und Tat zur Seite.

Danke, liebe Kristina!

Über Kristina Jasiunaite

Bevor Kristina Jasiunaite die Aktivitäten von World Bicycle Relief in Europa aufbaute, war sie mehr als 14 Jahre lang in der Fahrradbranche in Deutschland, Österreich und den Niederlande tätig. Bereits in diesen Jahren widmete sie sich der Idee, dass Fahrräder ein kraftvolles und einfaches Fahrzeug sind, das die Welt verändern kann. Seit 2013 ist Kristina als Managing Director Europe für WBR tätig und für die Fondsentwicklung und die Corporate Partnerships in Europa zuständig. 

 

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